Sonntag, 12. Juli 2015

Verdunkelungstaktik

...oder ein Raffrollo upcyceln...


Einer meiner vergangenen Stoffmarktbesuche brachte mir diesen Jacquardstoff mit 68ger Muster ein. Auf Beigefarbenem Grund tummeln sich jede Menge Anspielungen in Form von Kultobjekten, Textzeilen und Schlagworten aus der damaligen Zeit und heute immer noch den Duft von Gras, Freiheit, Rebellion, Selbsterfahrung und -verwirklichung und Barfusssein mit sich tragen.

Bruchstücke aus den 60er und 70er haben in meinem Herzen so viel mehr Platz als alle Jahrzehnte die danach folgen bis heute gerechnet. Spontan fällt mir traurigerweise auch nichts ein, was ich annähernd mit so viel Begeisterung und Wärme betrachte. Ich werfe alten VW-Bussen auf der Straße sehnsuchtsvolle Blicke und meinem Gegenüber kindliche "O-guck-mal!"-s zu. Das passiert mir nicht bei einem VW-Golf. Oder allein der Plattenspieler. Die Hebel, Schalter und Drehknöpfe für Geschwindigkeit, Absenken und Feinjustierung. Der Geruch der alten Platten, das Durchstöbern, finden und Auspacken, das schwarzglänzende Vinyl und die Rillen, das Geräusch der Nadel beim Auflegen und schließlich dieser besondere Sound, der digital bestenfalls imitiert wirkt. Und die Musik? Beatles, Stones, Jethro Tull, Doors, Hendrixs, Musik, die meine Energiereserven auffüllt, mich zum tanzen bringt und an andere Orte transportiert anstatt mich zu berieseln und abzustumpfen.

Und heute? Computer und Smartphones vermitteln mir doch eher den Eindruck mein Leben in sklavisch getakteter Existenz zu fristen. Gibt es sonst noch etwas, was die letzten Jahrzehnte so geprägt hat, woran man sich in fünfzig Jahren noch mit glänzenden Augen erinnert und was man dann vielleicht sogar noch immer genießt?


Aber nun zum Wesentlichen zurück, demm Raffrollo. ^^ Der Stoff war erstmal gekauft, auch wenn seine Bestimmung noch ein wenig verhüllt vor mir lag. Eine Strandttasche? Eine Wandaufbewarung? Ein Teppich? Dan ließ meine bessere Hälfte anklingen, dass das alte Raffrollo doch der Lichtzufuhr am Wochenende beim Ausschlafen nicht wirklich gewachsen sei und dadurch der männliche Schlummer von Zeit zu Zeit leide. Hm. Das ist natürlich übel und muss geändert werden. Nun verhält es sich aber so, dass mich Verdunkelungsrollos mein Zeitgefühl dermaßen beeinträchtigen, dass es mir kein Lösung schien, ein solches an die Wand zu bringen.

Gut, dann also der Jacquardstoff, von dem ich natürlich zu wenig gekauft hatte, um das ganze wirklich professionell aussehen zu lassen. Aber das Ergebnis freut mich trotzdem.

Denn Stoff habe ich auf Rollobreite plus Nahtzugabe zugeschnitten, einmal mit der Maschine rundum gesäumt und mit je drei Druckknöpfen an jedem Querstreben befestigt. So kann man den Stoff wieder abnehmen, wenn man ihn mal Waschen möchte oder sich satt gesehen hat an dem Muster.
Auch wenn es sich um einen hellen Stoff handelt, schluckt es doch ziemlich viel Licht, grade so, dass man bequem am Wochenende auch mal ausschlafen kann und trotzdem eine Ahnung von Tageszeit und Wetterlage hat, damit man nicht den ganzen Tag vertüdelt.

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